Meet me in my energy – komm auf meine Wellenlänge. Wenn Resonanz Glücksgefühle weckt und was passiert, wenn sie fehlt
- juliadeck5
- 27. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Kennst du das Gefühl, wenn du völlig in deiner Begeisterung aufgehst – du erzählst mit leuchtenden Augen, Worte sprudeln, Gedanken fliegen, du bist ganz in deinem Element – und dein Gegenüber ... bleibt still? Vielleicht freundlich interessiert, vielleicht müde lächelnd, vielleicht sogar ablehnend. In diesem Moment fällt etwas in dir zusammen. Die Energie, die eben noch so lebendig war, zieht sich zurück. Gerade neurodivergente Menschen – also Menschen mit z.B. ADHS, Autismus oder Hochbegabung – kennen diese Dynamik besonders gut. Unsere Begeisterung ist oft intensiv. Wenn wir über ein Spezialinteresse sprechen, wenn wir in einem kreativen Flow sind oder uns in ein Thema tief hineindenken, dann ist das nicht nur „reden über etwas“. Es ist ein Eintauchen, ein Strom, der durch uns fliesst.
Und wenn jemand diesen Strom aufnimmt, mitgeht, resoniert – dann passiert etwas Wunderschönes. Ich nenne das: Meet me in my energy – komm auf meine Wellenlänge.

Resonanz: Spiegelneuronen pur
In solchen Momenten geschieht echte Resonanz. Unser Gehirn schüttet Endorphine aus, die Spiegelneuronen tanzen, und das polyvagale Nervensystem signalisiert: Du bist sicher. Du bist verbunden. Das ist kein Smalltalk, kein oberflächliches Interesse. Es ist Begegnung auf Frequenzebene.
Für viele neurodivergente Menschen ist diese Resonanz selten – aber wenn sie passiert, ist sie tief nährend. Und genauso schmerzhaft ist es, wenn sie ausbleibt. Kaum etwas ist enttäuschender, als voller Leidenschaft von etwas zu erzählen und ins Leere zu sprechen. Dieses „Oh ... interessant“ mit leerem Blick kann sich anfühlen wie eine kalte Dusche. Darum ist „komm auf meine Wellenlänge“ für mich zu einem inneren Leitmotiv geworden - in Freundschaften, in Familie, in meiner Arbeit.
Energie wirkt ansteckend
Viele der Strategien, mit denen ich selbst und meine Klient:innen arbeiten, basieren auf genau diesem Prinzip:Wir schaffen Resonanzräume für unser System. Räume, in denen unsere Energie aufgenommen, gespiegelt und damit reguliert werden kann.
Eine meiner Lieblingsmethoden, die das wunderbar verkörpert, ist Body Doubling. Wenn ich fokussiert arbeiten möchte, suche ich mir bewusst Menschen, die ebenfalls konzentriert sind – sei es virtuell oder gemeinsam im Raum. Früher bin ich zum Lernen immer in die Bibliothek gegangen. Diese Atmosphäre aus Stille und gleichzeitig gespürter Produktivität war für mich pure Resonanz. Ich konnte mich einklinken in diese kollektive Fokusenergie, mich davon tragen lassen.
Auch zuhause nutze ich dieses Prinzip: Wenn ich möchte, dass meine Kinder aufräumen, fange ich am besten selbst damit an. Wenn ich mit genug Tatendrang und Freude etwas angehe, vielleicht noch mit Musik und einem coolen Namen (wir machen jetzt “Fokus-Pokus” oder “Power-Hour”) merke ich richtig, wie der Funke überspringt. So entsteht im besten Fall Aufräumstimmung, manchmal sogar richtige kleine Aufräum-Partys.
Auch Gedanken wollen Resonanz
Dieses Prinzip zeigt sich aber nicht nur in Bewegung oder Tatkraft, sondern auch im Denken.Viele neurodivergente Menschen – besonders jene mit einem hohen Tempo, vernetztem Denken und grosser inhaltlicher Tiefe und Komplexität – erleben wahre Freude, wenn jemand ihnen in diesem mentalen Raum begegnet. Wenn Gedanken sich entfalten dürfen, jemand mitgeht, Fragen stellt, mitschwingt.
Vor allem, wenn man sonst oft erlebt, dass genau diese Art des Denkens und Fühlens zu viel ist – zu schnell, zu intensiv, zu komplex – ist es ein Geschenk, jemanden zu finden, die mitgeht. Die nicht bremst, sondern mitschwingt. Die Freude daran hat, mitzudenken, statt sich überfordert zu fühlen. In solchen Momenten entsteht eine Form von wahrer Verbindung und einem Erleben, welches zutiefst nährend ist.
Die leisen Momente
„Komm auf meine Wellenlänge“ gilt aber nicht nur für die dynamischen, aktiven Zustände. Auch in den leisen Momenten wie Berührtheit und Trauer, Nachdenklichkeit, Ruhe und Regeneration ist der Wunsch nach Begegnung auf dieser Energie da. Hier braucht es mehr als nur ein Gegenüber in der gleichen Energie - idealerweise jemand mit Präsenz, Reife und geleisteter Integrationsarbeit.
Erst seit ich mein eigenes System und meine Bedürfnisse besser kenne, habe ich Zugang zu dieser Form von Begegnung. Ich finde sie bei meiner Therapeutin, die selbst hochbegabt und AuDHD ist – in früheren Therapien fehlte mir genau das. Ich erlebe sie in meiner neurodivergenten Community und bei neuen wie alten Freundschaften mit Menschen, die sich mit sich selbst auseinandersetzen, psychologische Reife entwickelt und Integrationsarbeit geleistet haben.
Diese Art von Begegnung ist für mich eines der grössten Geschenke. Menschen, die nicht flüchten, wenn Gefühle und Gedanken gross und komplex sind. Die einfach mit mir da sein können.
Fazit: Begegnung als Regulation
Ob Begeisterung, Fokus, Tiefe oder Gefühle – wir alle brauchen Resonanz. Doch neurodivergente Menschen erleben sie oft intensiver, feiner abgestimmt, manchmal auch verletzlicher. Wenn wir uns gegenseitig auf unserer Wellenlänge begegnen, entsteht Verbindung jenseits von Maskierung, Rollen und Missverständnissen.
Und vielleicht ist genau das der Kern jeder echten Beziehung: dass wir uns finden – auf derselben Frequenz.
Wenn du Lust hast, mehr darüber zu erfahren oder herausfinden möchtest, wie du selbst deine Energie besser halten und teilen kannst – lass uns sprechen. Ich treffe dich gern auf deiner Wellenlänge.
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